7. März 2019 — Oliver Huser

Digitalisierung


Digitale Revolution, zweite Moderne, dritte industrielle Revolution oder Industrie 4.0 – wie man es auch immer nennen möchte. Das Internet hat alles verändert, und das war erst der Anfang!

Breitbandinternet, Smartphones, das Internet der Dinge (IoT), Big Data und die ständige Vernetztheit von Mensch und Maschine bergen Möglichkeiten - und Gefahren -, die sich heute nur die Wenigsten vorstellen können. Die digitale Welt stellt uns durch ihre erhöhte Komplexität vor grosse Herausforderungen. Gleichzeitig bietet sie uns grosse Chancen unsere Arbeitsweise, unsere Kommunikation und unseren Alltag zu optimieren. Dies gilt für die Arbeitswelt wie auch für das Privatleben. Die Digitalisierung scheint exponentiell voranzuschreiten und die technischen Fortschritte der letzten zwanzig Jahre sind bemerkenswert.

ROHRPOST, LOCHKARTEN, NADELDRUCKER, TELEFAX, 56K-MODEMS UND DISKETTEN SIND NOCH NICHT SO ALT, AUCH WENN SIE HEUTE SO WIRKEN

Als Individuum mit dieser rasanten Entwicklung Schritt halten zu können ist sehr anspruchsvoll. Hinzu kommen grosse Diskrepanzen in den verschiedenen Generationen in Bezug auf Verständnis und Umgang mit Technik und Kommunikation. Viele Menschen sind überfordert und wissen nicht recht, wie sie die neuen „Werkzeuge“ nutzen sollen. Einige resignieren und wenden sich komplett ab – vorwiegend Senioren. Andere verlieren sich in den Möglichkeiten und der ständigen Vernetztheit und scheinen sich das Leben vom ständigen Begleiter Smartphone diktieren zu lassen. Viele – vorwiegend junge Leute – identifizieren und bewegen sich digital und wissen gar nicht was sie verpassen: Nämliche einen wesentlichen, nicht zu unterschätzenden Teil des „realen“ Lebens.

EINEN ANGEMESSENEN UND SINNVOLLEN UMGANG MIT MOBILEN GERÄTEN, STÄNDIGER ERREICHBARKEIT, VERNETZTHEIT UND DEN SCHIER UNGLAUBLICH SCHEINENDEN MÖGLICHKEITEN DES INTERNETS ZU FINDEN UND ZU ETABLIEREN - FÜR DIE GENERATIONEN VON HEUTE UND FÜR KOMMENDE GENERATIONEN – WIRD EINE DER GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN DER KOMMENDEN DEKADE SEIN FÜR GESELLSCHAFT, POLITIK, WIRTSCHAFT UND ETHIK

Digitalisieren = Rationalisieren? Im Zuge der Digitalisierung wird oft von Automatisierung, Optimierung und Rationalisierung gesprochen. Viele Berufe werden verschwinden, viele Arbeiter durch Maschinen und Roboter ersetzt, Mitarbeiter im Dienstleistungssektor durch Systeme und Prozesse ausgewechselt und immer mehr Aufgaben digital abgearbeitet. Diese Umstände machen vielen Menschen Angst und stiften Verunsicherung. Die digitale Revolution bietet nicht nur Chancen, sondern birgt auch grosse Gefahren mit sich. Ethik, Moral und Wertevorstellungen sind wesentliche Elemente in der Auseinandersetzung mit der Digitalisierung. Die heutige Zeit ist unglaublich spannend und die Weichen werden gestellt.

Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Digitalisierung ergeben viele Fragen, die uns alle betreffen und tangieren:

  • Was wird uns die digitale Revolution bringen?
  • Werden wir in der Lage sein die zusätzlichen Möglichkeiten und die zusätzliche Produktivität sinnbringend zu nutzen und die Lebensqualität aller zu verbessern?
  • Wird das Individuum die adäquate Wertschätzung und Anerkennung für sein/ihr tun und sein von Gesellschaft, Arbeitgeber und Politik erhalten?
  • Wie werden die neu verfügbaren Werkzeugen genutzt?
  • Welche Gefahren bergen die neuen Möglichkeiten und Werkzeuge und wie können wir uns davor schützen?

Wir wissen es nicht, können es aber alle beeinflussen: Denn Möglichkeiten und Privilegien bringen auch Verantwortung mit sich. Jeder ist angehalten sich Gedanken zu machen über Sinn und Unsinn der Digitalisierung und Globalisierung.

JEDERMANN BESTIMMT IN SEINER REICHWEITE MIT SEINEM TUN UND NICHT-TUN DIE WEITERE ENTWICKLUNG UND NUTZUNG DER NEUEN MÖGLICHKEITEN UND GEFAHREN

Wo die Daten liegen und wem sie gehören
Die Welt ist im Wandel und unzählige Prozesse aus unserem täglichen Leben werden digitalisiert und produzieren somit Daten. Wie mit diesen Daten umgegangen werden soll ist eine aktuelle Kontroverse, die uns noch länger beschäftigen wird. Umso wichtiger ist es, sich mit diesen Fragen auseinander zu setzen. Wirtschaftliche, rechtliche und ethnische Perspektiven greifen ineinander und die Grenzen werden ausgelotet. Das Bedürfnis nach Autonomie, Kontrolle, Datenhoheit, Sicherheit und Gewissheit bedingt anspruchsvoller, konzeptioneller und aufwendiger Arbeit. Politik und Wirtschaft sind mehrheitlich überfordert von den neuen Möglichkeiten und Gefahren. Immerhin herrscht eine allgemeine Achtsamkeit dank den Enthüllungen von Bradley Manning und Julian Assange über WikiLeaks und allen voran Edward Snowden, der der Welt die Augen geöffnet – bzw. den Spitzeln der Welt die Tarnung heruntergerissen hat. Quote: Weitere Ereignisse in jüngster Zeit bestätigen die schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf Industriespionage, gezielte Attacken und den immensen Sicherheitsrisiken, denen Mensch und Maschine im Internet ausgeliefert sind. Die Debatten über Daten-Management, -Integrität und -Sicherheit laufen in vielen Kreisen und werden uns noch lange beschäftigen.

Cloud
Das beste Beispiel für Chancen und Gefahren stellt momentan die Cloud dar. Richtig angewendet bringen Clouds – ob private oder public – immense Möglichkeiten und ein hohes Mass an Effizienz. Abhängigkeiten, Intransparenz, gesetzliche Vorgaben und Sicherheitsbedenken ermutigen jedoch nicht, den Schritt in die Cloud zu wagen.

DIE CLOUD GIBT ES SCHON LANGE. MITTLERWEILE HEISST SIE EINFACH CLOUD UND ES WISSEN ALLE, DASS IM INTERNET ERREICHBARE APPLIKATIONEN UND DATEN ALS „CLOUD“(-SERVICE) BEZEICHNET WERDEN

Heutzutage liegt eigentlich fast alles in einer Cloud, denn die Daten sind über Internet erreichbar. Cloud-Services von grossen internationalen Anbietern sind nicht zu vergleichen mit privaten Clouds, Portalen und Micro Services „aus der Wolke“. Die Cloud wird nicht so heiss gegessen wie sie gekocht wird. Von Medien und Experten hochgejubelt müsste die Verbreitung längst fortgeschrittener sein. Im Deutschsprachigen Raum jedoch vertrauen die meisten Unternehmen und Organisationen nach wie vor ihren eigenen Server- und Storage-Infrastrukturen und der Schritt in die Cloud ist zum aktuellen Zeitpunkt keine tragbare Option.

ZUDEM MÜSSEN DIE MEISTEN STAATLICHEN ORGANISATIONEN SICHERSTELLEN, DASS IHRE DATEN DAS LAND NICHT VERLASSEN. UNTERNEHMEN AUS DER PRIVATWIRTSCHAFT WOLLEN GRÖSSTENTEILS IHRE DATENHOHEIT UND -KONTROLLE NICHT AUFGEBEN UND SETZEN WENN ÜBERHAUPT AUF EIGENE UND PRIVATE CLOUD-SYSTEME

Für Endverbraucher sieht die Situation ganz anders aus: Viele Cloud-Dienste sind beliebt, verbreitet und vielfach kostenfrei. Sei es über eine App oder über den Browser: Dating-Plattformen, Marktplätze, Sharing-Sites, Social Media, Chatting- und Posting-Plattformen haben den Alltag verändert. Diese Veränderung wirft Fragen auf in Bezug auf Datensicherheit, Datenhoheit, Datenschutz, Datenauswertung und Datennutzung.

WEM GEHÖREN DATEN? WER DARF SIE NUTZEN, AUSWERTEN, VERWERTEN UND WEITERVERÄUSSERN? „BEZAHLT“ DER ENDVERBRAUCHER MIT SEINEN DATEN UND INFORMATIONEN? WISSEN DIE NUTZER VON KOSTENLOSEN „CLOUD ANGEBOTEN“ ÜBERHAUPT, DASS DAS BUSINESSMODELL DER ANBIETER IN VIELEN FÄLLEN DARAUF AUFBAUT, AUS DEN KUNDENDATEN GEWINNE ZU ERZIELEN?

Die Nutzung solcher Dienste und Plattformen wird in Zukunft noch viel extensiver. Die grossen Anbieter unterbieten sich regelmässig mit dem einzigen Ziel, Marktanzeile dazu gewinnen zu können. Viele Cloud-Dienste bieten mittlerweile unlimitiertes Speichervolumen. Das Ziel dahinter ist naheliegend: Wer die Daten kontrolliert, kontrolliert den Kanal. Wer den Kanal kontrolliert hat die Macht. Und wer die Macht hat, kann Profit daraus ziehen. Sei es durch Veräusserung von Nutzerdaten, gezielter Werbung, oder Verkauf von Services und Applikationen an Endkunden, welche die Daten mit Mehrwert anreichert. Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung, wie mit Daten umgegangen werden soll.